Die Klangvollen
Rendez-vous No. 6

Bei David Krähenmann und Cécilia Roumi dreht sich alles um die Musik, nicht nur in Studium und Beruf, sondern auch zu Hause: Die beiden wohnen in unserem ersten Musikwohnhaus im St. Johann. Zusammen mit drei weiteren Musikstudierenden leben sie in einer der beiden grossen Gemeinschaftswohnungen auf 190 Quadratmetern. Im schallgedämmten Musikzimmer, das sich innerhalb der Wohnung befindet, können sie rund um die Uhr singen, spielen, üben. Und das tun sie auch.

Musikerinnen und Musiker sind Nachtmenschen, denn das Konzertleben findet abends statt. Ein Interview um 10 Uhr morgens ist eigentlich eine Zumutung. Das findet David grundsätzlich auch, lacht aber gutmütig und braut einen Tee in der gemütlichen Küche. Dann ruft er auf Englisch nach Cécilia, die sich als Französin entpuppt. Ist Englisch die Umgangssprache zwischen dem Berner Schlagzeuger und der Pariser Sängerin? Tatsächlich wird unter den Mitgliedern der Wohngemeinschaft viel Englisch gesprochen, aber Cécilia betont: «David ist der Einzige in der WG, der die Geduld hat, mit mir deutsch zu reden!»

Eine WG braucht Organisation

David Krähenmann lebt am längsten in der WG, seit gut sechs Jahren. Er kam 2010 für das Musikstudium von Schwarzenburg nach Basel und wohnte zuerst in einem Studentenheim. Über einen Freund lernte er die WG im Musikwohnhaus 1 kennen und bewarb sich um ein Zimmer. «Unterdessen bin ich der Opa hier», schmunzelt er. Cécilia korrigiert: «Er ist der Chef!» Die beiden necken sich noch ein wenig, bis klar wird, dass David das WG-Leben organisiert: Er teilt die Stromrechnung und die Kosten für das Gemüseabo auf, erinnert die andern an die Abfuhrtermine und macht die «task list», zu Deutsch den Ämtliplan. «Er übernimmt am meisten Verantwortung, und darüber sind wir sehr froh», sagt Cécilia anerkennend. Manchmal gibt’s auch etwas auszudiskutieren. Dann wird ein Treffen mit allen fünf organisiert. Thema Nummer eins ist, wie in allen WGs, die Hygiene.

Unglaubliche Freiheit

Cécilia Roumi lebt seit fünf Jahren in Basel und seit 2019 in der WG. «Ich kannte die Wohnung durch Freunde und war schon mehrmals an Partys hier», erzählt sie. «Mein grosser Wunsch war, dass ich frei singen kann. Es stresst mich, wenn ich merke, dass ich die Nachbarn störe. Hier ist es unglaublich: Ich kann singen, wann ich will!» Tatsächlich singt sie nicht nur im Musikzimmer («Die Akustik ist mir dort etwas zu trocken»), sondern auch in der Küche, im Wohnzimmer und in ihrem Zimmer. Das gab schon Diskussionen, aber grundsätzlich sind alle fünf WG-Mitglieder tolerant. Das Musikzimmer ist so gedämmt, dass nichts zu hören ist ausser Davids Schlagzeug und den tiefen Frequenzen des Jazzbassisten. Deshalb ist für David jeweils um 23 Uhr Schluss.

 

Wie klappt das, wenn fünf Personen üben wollen? «Wir haben so unterschiedliche Tagesabläufe, dass wir fast nie alle gleichzeitig da sind», erklärt David. Oft kommt es vor, dass nur eine oder zwei Personen zu Hause sind. Zeiten, in denen alle gleichzeitig üben, gibt es selten. «Wenn man Rücksicht aufeinander nimmt, geht es gut», meint David.

Küchenkonzert

Die Musik ist fast immer Thema in der WG. Manchmal kommt es auch zu spontanen Sessions. Cécilia, die Alte Musik studiert, erzählt begeistert von einem Küchenkonzert mit dem Lautisten und Sänger aus der WG im oberen Stock. Hin und wieder komme es sogar zu Kooperationen unter den Bewohnenden, erzählt David: «Durch Victor Moser, der unter anderem auch Filmmusik komponiert, kam ich in die Band des Musiktheaters ‹Die drei Räuber› am Theater Basel.»

Schon auf der Bühne

Auch wenn David und Cécilia sehr studentisch leben, sind sie doch schon mitten in ihrer Berufslaufbahn. Cécilia Roumi hat in Lyon und Paris Gesang studiert und kam nach Basel, um sich an der Schola Cantorum noch mehr in die Alte Musik zu vertiefen und ihrer Stimme den letzten Schliff zu geben. Sie wird demnächst ihren Master in Performance abschliessen. In ihrer Laufbahn hat sie bereits zahlreiche Konzerte gegeben, ein eigenes Ensemble und eine Zeitschrift gegründet und selbst inszeniert. Auch im Berufsopernchor des Theater Basel kann man sie hören, als Akademistin singt sie dort für ein Jahr mit. An der Universität Basel schreibt sie derzeit eine Dissertation in Romanistik.

Freude am Unterrichten

David Krähenmann hat sein Studium in klassischem Schlagzeug bereits mit einem Master in Musikpädagogik abgeschlossen. An seiner ersten Stelle als Schlagzeuglehrer an der Allgemeinen Musikschule Muttenz unterrichtet er Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene von 5 bis 22 Jahren. Daneben ist er Freelancer und spielt als Zuzüger in verschiedenen Orchestern. «Für eigene Projekte bleibt mir im Moment wenig Zeit», erzählt er bedauernd. Aber er bildet sich in westafrikanischer Dorfmusik weiter. «Das gibt mir Inspiration für den Unterricht. Diese Musik eignet sich auch besonders gut für die kleineren Kinder – sie mögen das Repetitive und Laute.»

 

Musikwohnhaus 1 Lothringerstrasse

 

Text
Claudia Bosshardt

wortgewandt.ch
 

Fotos
Michael Fritschi
foto-werk.ch

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